Ich denke, solche Diskussionen kranken immer daran, dass jede Seite eine Extremposition einnimmt. Also Rindviech zitiert einen extremen Fall und Anja kommt mit ihren Fällen und hält dagegen. Aus der jeweiligen Extremsicht haben beide Recht. Die Frage ist aber, wie sieht es zwischen den Extremen aus?
Nehmen wir das Beispiel mit dem Herzen: Es ist - so sehe ich das - sicher so, dass ein transplantiertes Herz nicht mehr meines ist. Und das verändert mich - egal warum. NUR, ich würde mir ja kaum ein fremdes Herz einsetzen lassen, wenn es dafür nicht einen ganz wichtigen Grund gäbe: Mein Überleben. Wenn ich also sage, ich will das nicht, dann wähle ich den Tod. Das ist legitim und mein gutes Recht. Aber über diese Alternative reden wir.
Und ähnlich ist das auch bei den Organspenden. Es geht ja hier nicht darum, einem Menschen aus Jux und Tollerei fremde Organe zu beschaffen. Sondern in der Regel sind diese Menschen schwerkrank - aber bei Bewusstsein. Was aber wäre ihre Alternative?
Wie habe ich gestern so schön in Bezug auf den heutigen Medikamentenverschreibwahnsinn bei alten Menschen gelesen? Sinngemäß stand da, dass der alte Mensch heute erst durch den eintretenden Tod aufhört, ein (willkommener) Konsument und Kunde der Pharmaindustrie zu sein.
Mittlerweile geht es aber noch weiter und nichtmal mehr der Tod kann verhindern, dass der Mensch zu einer Goldgrube von geldgierigen Wirtschaftsunternehmen wird.
Es macht wenig Sinn, die "Gier" bei den Unternehmen abzuladen. Die sind auch nicht gierig, sondern tun schlicht und ergreifend das, was sie tun müssen, um wirtschaftlich existieren zu können. Wenn wir also schon von Gier reden, dann müssen wir uns da alle an die Nase fassen, denn "wir" sind ja alle ganz wild darauf, dass man uns im Zweifel das Leben erhält - und das notfalls auch mit fremden Organen.
Ich schreibe das deswegen, weil es ein ganz typisches Verhalten unserer Zeit ist, den schwarzen Peter der Industrie (oder der Politik) zuzuschieben, dabei können wir doch bei jedem Einkauf - und bei jeder Wahl - entscheiden, was wir kaufen oder wählen. Offensichtlich aber will eine große Mehrheit genau das, was wir haben. Was gibt das für ein Geschrei, wenn ein teurer Medikament von der Kasse nicht bezahlt wird. Da wird dann sofort von der Zwei-Klassen-Medizin geredet. Immerhin erwarten ja viele Menschen (die Mehrheit, behaupte ich), dass die Pharmaindustrie ständig neue, "bessere" Medikamente entwickelt. Logisch, dass die das nicht aus Spendenmitteln tun, sondern das Geld für die Entwicklung wieder reinholen wollen - und ganz nebenbei auch noch was dran verdienen wollen. Wer ständig nach "mehr" schreit, darf sich nicht wundern, wenn der Einfluss derer wächst, die dieses "mehr" herstellen.
Ändern könnten wir daran nur etwas, wenn wir UNS ändern würden. Wo keine Nachfrage ist, gibt es (bald) auch kein Angebot mehr. Logisch...