Wenn Du 10 Chirurgen zu einer bestimmten Indikation befragst, dann wirst Du auch mehrere unterschiedliche Meinungen hören, weil jeder unterschiedliche Erfahrungen gemacht hat.
In gewisser Weise gebe ich dir Recht, jedoch ist deine Aussage zu allgemein formuliert. In der Regel wird beim Verdacht auf eine Blinddarmentzündung, Knochenfraktur, Herzinsuffizienz, arterielle Verschlusskrankheit, COPD, bösartige Tumore, Glaukom, Hypertonie, Diabetes Mellitus, Scharlach, Leistenbrüche, etc. ein Patient in der Regel immer die gleichen Antworten als Therapieoption zu hören bekommen.
Interessant fand ich auch folgenden Artikel über die offensichtlich absichtliche begangenen Fehler in der "Lancet-Metaanalyse". Kennt man die Hintergründe, dann versteht man einiges besser.
Die DZKF ist übrigens die "Deutsche Zeitschrift für klinische Forschung'", nicht gerade ein "esoterisches" Magazin...
http://www.dzkf.de/heft/2006_05-06/12.pdf
Zitat aus der oben genannten Quelle:
Metaanalysen dienen dazu, die vorhandene Literatur nach einheitlichen Kriterien der Selektion und Analyse zu untersuchen. Genau das war im Lancet nicht der Fall: Weder wurde die vorhandene Literatur untersucht – wichtige hochwertige Arbeiten wurden nicht in die Studie aufgenommen und 93 Prozent der einge- schlossenen Arbeiten wurden durch die Selektion wieder ausge- schlossen – noch waren die Auswahlkriterien dazu bekannt.
Und hier aus dem original Lancet-Artikel:
Study selection
We defined inclusion and exclusion criteria a priori and
applied the same criteria to trials of homoeopathy and of
conventional medicine. Inclusion criteria were: that the
trial was controlled and of treatments or preventive
measures with clinical outcomes; that it had a parallelgroup
design with placebo control; that there was
random or quasi-random assignment to treatment and
placebo groups; and that a written report (eg, journal
publication, abstract, thesis, conference proceeding,
unpublished report, book chapter, monograph) was
available with sufficient data to allow the calculation of
odds ratios. We excluded trials of homoeopathic
“provings” in which remedies are given to healthy
individuals to assess their effects, cross-over trials, and
N-of-1 trials [...]Assessment of study quality focused on three key
domains of internal validity:11,14 randomisation(generation of allocation sequence and concealment of
allocation), masking (of patients, therapists, and
outcome assessors), and data analysis (by intention to
treat or other). Random-number tables, computergenerated
random numbers, minimisation, cointossing,
card-shuffling, and lot-drawing were classified
as adequate methods for the generation of the allocation
sequence. Sealed, opaque, sequentially numbered
assignment envelopes, central randomisation,
independently prepared and coded drug packs of
identical appearance, and on-site computerised
randomisation systems were classified as adequate
methods of allocation concealment. Analysis by
intention to treat was assumed if the reported number of
participants randomised and the number analysed were
identical. Descriptions of other methods were coded
either as inadequate or unclear, depending on the
amount of detail provided. Trials described as doubleblind,
with adequate methods for the generation of
allocation sequence and adequate concealment of
allocation, were classified as of higher methodological
quality.
Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? Comparative study of placebo-controlled trials of homoeopathy and allopathy : The Lancet
Und das sollen keine Auswahlkriterien sein? Beim weiter lesen des DZKF-Artikels wird aber deutlich worum es eigentlich dem Autor geht:
DOPPELBLINDSTUDIEN SIND FÜR DIE HOMÖOPATHIE NICHT GEEIGNET
Also eins der wichtigsten Kriterien, die für die Beurteilung der Qualität einer Studie in der Lancet-Studie herangezogen wurde, gilt für den Autor als methodisch falsch. Das jemand sich dann GEGEN die Aussagekraft einer solchen Studie spricht ist somit nachvollziehbar.
Aber ich hatte ja bereits die Frage mit dem von mir oben bereits beschriebenen Beispiel einer Doppelblindstudie gestellt, WARUM angeblich die Wirkung der Homöopathie nicht auf diese Art nachgewiesen werden kann?
Aber gerade bei einem solchen großen Kollektiv hast Du auch die Möglichkeit, herauszufinden, welche Erfahrungen überproportional oft berichtet werden.
Nehmen wir doch dein schönes Falleispiel:
http://www.clinicasantacroce.ch/Clin...07_Wurster.pdf
Eine Frau, die angeblich durch Homöopathie vom Brustkrebs geheilt wurde, gegen zig tausende andere Frauen die u.a. trotz Homöopathie in Deutschland verstorben sind. Das würdest du jedenfalls hören, wenn du mehrere onkologisch tätige Frauenärzte befragen würdest. Die Patienten selbst können dir ja persönlich leider keine Antwort mehr geben, so dass dir die Erfahrungen aus erster Hand, und somit auch die Fallzahlen zum Vergleich, natürlich fehlen. (eine weitere Fehlerquelle deiner Datenerhebunsart).
Übrigens: Wie viele Patienten behandelt denn diese Klinik so im Jahr, dass sie statt mit Prozentaussagen bezüglich ihrer Heilungsquoten nur mit Einzelfällen brillieren kann? Von unerwarteten "Spontanremissionen", unabhängig vom Kasus, kann jede Klinik erzählen. Das macht sie noch lange nicht zu etwas besonderem. Und wie viele Patienten sterben dort trotz Behandlung?
Egal ob mit Schulmedizin oder komplementärer Medizin Organismen haben die Tendenz zur Selbstheilung.
Und da wo diese Tendenz ihre Grenzen findet, da fängt die für mich die eigentliche Aufgabe der Medizin an. Alles andere dient in meinen Augen nur der Bereicherung von Ärzten, HPs und Pharmaunternehmen.
Naja dann zeig mir doch mal eine Studie - die mir erzählt wie hoch die 5-jahres überlebensquote bei Brustkrebs unter homöopathischer Behandlung ist
Es gibt keine Studien bei der ein Brustkrebs ausschließlich homöopathisch behandelt wurde. Solange es auch keinen Hinweis dafür gibt, weder naturwissenschaftlich theoretisch, noch in Tierversuchen, etc., dass eine solche Behandlung einer operativen- und zytostatischen Therapie ÜBERLEGEN wäre, ist so eine Studie aus ethischer Sicht unvertretbar und würde dementsprechend auch nie genehmigt werden. Selbst Placebostudien sind in solchen Fällen in der Regel, um Nachteile bezüglich der Überlebenswahrscheinlichkeiten durch eine Studienteilnahme zu verhindern, nicht erlaubt. Dementsprechend wird man dazu auch kaum Literatur finden.
Ob es Studien gibt, bei denen zusätzlich zu den normalen Therapieschemata eine "homöopathische Begleitung" doppelblind getestet wurde, kann ich dir nicht sagen. Für manche Homöopathen, die ganz nach Hahnemann eine Zusammenarbeit zwischen "Allopathie" und Homöopathie für "Verrat" halten, natürlich undenkbar. Du kannst aber gerne mal suchen und ggf. einen Link hier posten.
PubMed home
Für mich ist eigentlich gerade der Placeboeffekt das was eine gute Therapie ausmacht.
Der Placeboeffekt hat ganz klar seine Grenzen:
- Er ist sehr unzuverlässig und wirkt nicht bei jedem gleich gut.
- Er verhilft bei ernsten Erkrankung höchstens zu einer Verbesserung des subjektiven Befindens. All die von mir oben aufgezählten Krankheitsbilder:
Blinddarmentzündung, Knochenfraktur, Herzinsuffizienz, arterielle Verschlusskrankheit, COPD, bösartige Tumore, Glaukom, Hypertonie, Diabetes Mellitus, Scharlach, Leistenbrüche, etc.
Sind Beispiele dafür, bei denen ein Placeboeffekt bzw. die Selbstheilungskräfte ihre Grenzen erreicht haben.
Außerdem steckt in JEDEM Medikament, sogar in jedem Arztkittel, Stethoskop und in der gesamten "Schulmedizin" schon ganz viel Placeboeffekt mit drin.
Ich denke der Ausschluss des Placeboeffektes ist für die pharmakologische Forschung wichtig und richtig. Aber bei der Komplementärmedizin finde ich den Ausschluss schwierig, weil gerade hier die Aktivierung der Selbstheilungskräfte oberstes therapeutisches Ziel sein sollte.
Der Placeboeffekt ist ja nicht ausgeschlossen, er bleibt ja stehts Messbar. Ein fiktives vereinfachtes Beispiel:
Unbehandelt leiden 100% der Patienten an Symptom x. In einer Studie werden dann zwei Gruppen generiert, bei der die einen ein Placebo (z.B. ein Stück Zucker), und die andere ein Verum bekommt. Am Ende der Studie leiden nur noch 50% der Placebogruppe und 30% der Verumgruppe an dem Symptom x. Ergebniss: Durch den Einsatz eines Placebos lässt sich die Symptomatik um 50% reduzieren. Und der eigentliche Wirkanteil des Verums liegt nur bei 20%, obwohl damit bei 70% der Probanden die Beschwerden beseitigt werden konnten. Kurz zusammengefasst: Ohne den Placeboanteil des Medikaments wäre das Medikament bei weitem nicht so wirksam. Ein Placeboeffekt ist dementsprechend auch immer Teil einer Therapie.
Wenn du den Placeboeffekt aber mit der Wirkung der Homöopathie gleichsetzt, dann stellst du automatisch auch das Repertorisieren im Rahmen der Mittelfindung als notwendige und anspruchsvolle Maßnahme in Frage. Warum sich den Kopf um die Wahl des Globulies zerbrechen, wenn mit jedem x beliebigen Globulie das gleiche erreichen kann?
Verifizierung, Falsifizierung und Revidierung ist elementar wichtig, das gilt aber auch für grundlegende Theorien und methodische Verfahren.
Da stimme ich dir voll und ganz zu. Und deswegen noch mal meine Frage:
Die Multifaktoralität wird doch in der heutigen medizinischen Wissenschaft durchaus berücksichtigt. Siehe z.B. die ganzen Studien zur Homöopathie, die dem Homöopathen alle Freiheiten geben auf jeden Patienten individuell eingehen zu können, ein individuelles Medikament zu verschreiben und dieses so oft zu wechseln wie er möchte, falls er doch noch nicht das richtige Globulie gefunden haben sollte. Nur bekommt die eine Patientengruppe (z.B. 200 Fälle) stets ein Placebo, ohne dass der Therapeut und Patient es wissen, und die andere (auch 200 Fälle) das echte verschriebene Präparat. Das bedeutet also, dass alle sich so individuell verhalten und geben dürfen wie eh und je, nur mit dem besagten Unterschied der vorhandenen oder nicht-vorhandenen Inhaltsstoffe der verordneten Mittelchen. Wenn nach einer ausreichend langen Behandlungszeit genau so viele Probanden mit Globulietherapie geheilt wurden wie mit Placebo (z.B. 148 vs 149 Fälle), und das auch noch in mehreren voneinander unabhängigen, ähnlich aufgebauten Studien reproduziert werden konnte, finde ich eine solche Methode zur Überprüfung eines gewissen Faktors auf einen möglichen Therapieerfolg als durchaus brauchbar. Solche Studien findest du übrigens unter dem Suchbegriff " individualized homeopathic treatment" z.B. bei Pubmed.
Ich würde doch gerne von dir wissen, WAS du genau an einem solchen Versuchsaufbau, wie schon vielfach auch zur Untersuchung, ob die homöopathischen Medikamente besser oder genau so gut wie ein Placebo wirken verwendet wurde, auszusetzten ist.
Gruss